Der Amiga 4000D – eine semi-professionelle Multimedia-Maschine
Mit Amiga wird im spanischen ein weiblicher Freund bezeichnet. Korrekterweise müsste es also nicht “der Amiga”, sondern “die Amiga” heißen.
Der Amiga 4000D (D für Desktop) kam 1992 auf den Markt und bildet zusammen mit dem Amiga 4000T (T für Tower, Anfang 1993) das Ende einer langen Amiga-Evolution. Sie markieren bis heute das HighEnd der Amiga-Reihe. Der 4000er ist der Nachfolger des Amiga 3000, leider wurden bei der Gelegenheit wichtige Features wie VGA Anschluß (Flickerfixer) und die SCSI-Schnittstelle wegrationalisiert.
Im Vergleich zum ersten Amiga 1000 aus dem Jahr 1985 hat sich natürlich einiges getan. Dabei geht es nicht nur um die leistungsfähigeren Prozessoren, die in der 4000er Reihe Verwendung finden. Der neue AGA Chipsatz (Advanced Graphics Architecture) schraubt im Vergleich zum vorhergehenden OCS-Chipsatz nicht nur die Grafikleistungen hoch, auch mehr Hauptspeicher ist nun möglich. Die Grenzen des OCS-Chipsatzes lagen bei 0,5MiB Chip-RAM und 8MiB Hauptspeicher, bei AGA sind jetzt immerhin 2 MiB des schnellen Chip-RAM möglich. Das war zwischenzeitlich auch schon beim verbesserten ECS-Chipsatz möglich, der für die Amiga’s 600, 2000 und 3000 eingeführt wurde. Der Zugriff auf den Chipsatz erfolgt jetzt durchgängig 32-Bit breit, die AGA-Modelle sind also reinrassige 32-Bit Maschinen. Durch AGA wird auch eine Farbpalette mit 24-Bit Farbtiefe möglich (16,7 Millionen Farben), wodurch die Amiga’s kurzzeitig das Leistungsniveau von IBM-kompatiblen mit VGA-Videokarten erreichten. Das weitere RAM auf dem Mainboard des A4000D konnte bis 16MiB ausgebaut werden, über Zorro III – Karten theoretisch sogar bis 2GiB.
Commodore mußte für den AGA-Chipsatz einige der bekannten Spezialchips neu entwickeln. Alice ersetzt Agnus bzw. Big Agnus und aus Denise wurde Lisa. Auch der Systemkern mußte entsprechend angepasst werden und es entstand die letzte große Änderung in Form der Kickstart-3.0. Die Workbench wurde ebenfalls erneuert, erhielt ebenfalls die Version 3.0 und war nun farbiger. Zum Standard für die AGA-basierten Modelle (A4000D, A4000T, A1200) wurde aber sehr bald die Kombination aus der verbesserten Kickstart 3.1 und der Workbench 3.1. Beides ist aber auch in den ECS-basierten Modellen nachrüstbar.
Die Version der Workbench ist weitgehend an die entsprechende Kickstart-Version gebunden. Diese Komponenten wurden ja auch gemeinsam entwickelt. Es ist zwar immer eine gewisses Maß an Kompatibilität vorhanden, daher funktionieren niedrigere Versionsnummern der Workbench normalerweise mit späteren Kickstart-Versionen. Die Workbench Versionen 1.3 und 2.1 laufen beispielsweise in Verbindung mit Kickstart 3.x. Im umgekehrten Fall läuft eine Workbench 3.1 allerdings nicht mit Kickstart 1.3. Neuere Workbench-Versionen benutzen Kernal-Funktionen, die in einer alten Kickstart-Version schlicht noch nicht existieren.
Ein weiteres Kompatibilitätsproblem neben der Kickstart-Version bilden die Unterschiede zwischen den Chipsets. Während auf OCS und der darauf folgende ECS noch weitgehend kompatibel waren, ist es bei AGA nicht mehr so. Wenn die Möglichkeiten von AGA ausgereizt werden – dies ist bei neu konzipierten Spielen und vor Allem bei Demo’s der Fall – dann laufen diese nicht mehr auf Amiga’s, die auf OCS/ECS basieren.
Das AmigaOS wurde auch nach der Pleite von Commodore weiterentwickelt. Die Firmen Amiga Inc. zusammen mit Haage & Partner brachten vor Allem visuell aufgepeppte, buntere Versionen in Form von OS 3.5 und 3.9 auf den Markt. Beide waren sich aber eher für die leistungsstärkeren Amiga-Modelle gedacht. Mit einem Amiga, der nur über eine 68000-CPU verfügt, hat man keine Freude daran und bleibt besser bei der 3.1.
Da die Amiga-Modelle 3000 und 4000 über separate Prozessor-Steckkarten verfügen, lassen sie sich diesbezüglich besonders leicht aufrüsten. Einige Hersteller entwickelten CPU-Karten mit dem Motorola 60860, der mit 50 MHz getaktet ist. Sogar eine Karte mit einem PowerPC Prozessor (180/200MHz) gibt es, sie markiert das obere Ende der klassischen Amiga-Tunings. In der Sammlung des VCL sind mehrere A4000D und A4000T vorhanden, die mit einer Cyberstorm 060 MKII bzw. MKIII aufgerüstet sind.
Bekannte Probleme vieler Amiga Modelle (A500+, A2000, A3000, A4000) sind auslaufende Batterien. Bei SMD-Modellen (A1200, 4000D, A4000T) werden die Kondensatoren undicht. Beides zerstört Bereiche des Mainboard’s und somit die Funktion des Rechners. Man kann bei allen betroffenen und noch lauffähigen Amiga-Computern davon ausgehen, das sie diesbezüglich revidiert sind. Das heißt: die Batterien wurden ersetzt, die Kondensatoren getauscht und die entstandenen Schäden repariert.
Im absolutem Originalzustand werden also die wenigsten Amiga Modelle noch sein, vielleicht noch ein paar Amiga 1000/500 ohne Pufferbatterie.