In den frühen Jahren der Microcomputerentwicklung war Commodore International einer der führenden Microcomputer-Hersteller. Der Grund dafür: als einer der ersten Hersteller brachte Commodore eine Reihe preiswerter und bedienungsfreundlicher Computer auf den Markt. In den frühen achtziger Jahren schaute es sogar so aus, als ob diese Firma den Markt vollkommen beherrschen würde. Doch ein Jahrzehnt der Misswirtschaft und des schlechten Marketings führten 1994 zur Liquidation des Unternehmens. Übrig blieb lediglich eine weltweit verteilte, treue Fangemeinde. Doch nun die Geschichte von Anfang an.
Jack Tramiel, der Gründer von Commodore, ist gebürtiger Pole. Er überlebte sechs Jahre Sklavenarbeit in Auschwitz und anderen Konzentrationslagern. Nach seiner Befreiung wanderte er in die Vereinigten Staaten aus und meldet sich zum Militär. Stationiert in New York, lernte er Schreibmaschinen zu reparieren. Nach dem Militärdienst eröffnete er 1950 eine kleine Reparaturwerkstatt in der Bronx. Tramiel war ein Visionär und interessierte sich daher sehr für neue Technologien, wie mechanische und elektromechanische Rechenmaschinen. 1958 verlegte er seine Firma nach Ontario in Kanada und produzierte dort sehr erfolgreich Büromöbel. Wegen der Geschäftspraktiken eines seiner Mitarbeiter musste Commodore in den 60iger Jahren einen aufwendigen Prozess führen und kommt in die roten Zahlen. In dieser hoffnungslosen Lage steigt der kanadische Finanzier Irving Gould mit einer halben Million Dollar bei Commodore ein.
Ab 1970 produzierte Commodore erfolgreich Taschenrechner. Doch die die Firma musste seine Chips von Texas Instruments beziehen, eigentlich ein direkter Konkurrent. Durch geschickte Firmenaufkäufe konnte Commodore sich dieser Abhängigkeit entziehen und konkurrenzfähig bleiben.
In den 70igern sahen die Experten die Zukunft des Computers in Terminals, die auf riesige Datenbanken zugriffen. Für leistungsfähige Tischrechner war deren Meinung nach kein Markt vorhanden, weil sie nicht billig genug herzustellen wären. Damit hatten sie Tramiels Ehrgeiz geweckt, denn der folgte unbeirrbar seinem Wahlspruch “Computer für die Massen”. Doch es fehlt ihm an Kapital für die Entwicklung. Wieder mußte Irving Gould mit drei Millionen Dollar herhalten, um unter anderem MOS-Technologies, einen amerikanischen Hersteller für Halbleiter aufzukaufen. 1977 kam schließlich der Commodore PET 2001 (Personal Electronic Transactor) auf den Markt, zur selben Zeit wie der Tandy TRS-80 und der Apple II. Für 795$ erhielt man neben dem Prozessor 6502 eine gewöhnungsbedürftige Tastatur, einen Monitor und ein Kassettenlaufwerk in einem kompakten Gehäuse. Der PET wurde zwar wegen mangelnder Erweiterungsfähigkeit nicht zum Marktführer, aber Commodore hatte jetzt einen Namen in der Branche. Mehrere Evolutionsstufen des PET wurden nachgeschoben, um den Hauptspeicher zu erweitern und die Tastatur durch eine brauchbare Schreibmaschinentastatur zu ersetzen. Nach dem PET startete die CBM Serie: 30xx, 40xx und 80xx, alle basierend 65xx CPU’s von MOS.
1981 brachte Commodore den ersten programmierbaren Homecomputer mit Farbfähigkeiten auf den amerikanischen Markt, den VIC 20, der dort für ungefähr 300,00$ verkauft wurde. Der VIC20 war nicht viel mehr als eine Tastatur mit einer eingebauten CPU. Mit seinen 5K RAM ging dem VIC20 häufig schon der Speicher aus, bevor die Entwickler ihre Software fertig geschrieben hatten. Trotzdem war er ein großer Verkaufserfolg für Commodore. Aufgrund dieses Erfolgs sah Commodore einen neuen Markt splittete die Firma in eine Business- und in eine Homecomputer Abteilung auf. 1982 folgte der Commodore C64, der zum meist verkauften Computer der Geschichte wurde. Wie sein Vorgänger wurde er ohne Monitor ausgeliefert, aber er besaß 64K RAM, als erster Computer überhaupt einen Soundchip und konnte Texte und Grafiken in Farbe darstellen. Commodore produzierte nun übrigens seine Chips alle selbst. Die Wachstumsrate von Tramiel’s Firma war zu dieser Zeit fast zweimal höher als die von Apple und von Tandy. 1983 steigerte Commodore seinen Anteil am Computermarkt auf satte 32%. Das nächste Produkt von Tramiel’s Innovationsgeist wurde 1983 der erste mobile Farbcomputer, der SX-64 auf den Markt gebracht.
Im November 1983 rebellierte die Commodore-Führungsriege gegen Tramiel’s autoritären Führungsstil. Unter diesem Druck schied Tramiel im Januar 1984 schließlich aus “persönlichen Gründen” aus der Firma. Gould setzte als Nachfolger Marshall F. Smith von der Firma Thyssen-Bornemisza NV ein. Zur selben Zeit begann der Kollaps des Homecomputermarkts. Keiner mehr wollte 8-Bitter, der IBM PC und seine Clones begannen sich durchzusetzen. Mattel und Coleco stiegen aus, Warner Communications verkaufte Atari an den z.Z. arbeitslosen Tramiel. Viele Mitarbeiter aus Commodore’s Führungsriege wechselten daraufhin zum ehemaligen Erzfeind Atari.
1984 folgte der Plus/4, mit integrierte Anwendungssoftware im ROM. Kein großer Erfolg, da er nicht kompatibel zum C64 war. Weitere Entwicklungen, die als C64 Nachfolger beworben wurden, kamen nicht über das Prototypenstadium hinaus (C364). Der C16, eine stark abgespeckte Billigversion des C64 hatte nur bescheidenen Verkaufserfolg. Auch der C116 mit Gummitastatur setzte sich nicht durch. Später wird noch der C128 nachgeschoben, ein 8 Bit-Zwitter mit C64- und CP/M-Modus und somit mit einem büro-tauglichen 80×25 Zeichenmodus ausgestattet. Doch es war zu diesem Zeitpunkt bereits abzusehen, das die grafischen 16-Bit Systeme (Atari ST, Apple Macintosh) zum neuen Standard werden würden. Jedenfalls erscheint nur wenig spezifische Software für den 128iger, von daher war auch dieser letztendliche Misserfolg bereits vorprogrammiert.
Seit 1984 produzierte Commodore auch PC Clones, der PC10 und der PC20 verkauften sich ganz ordentlich. 1987 konnte Commodore mit dem PC 40/40, einem AT mit 10 MHz, schneller 40 MB Platte und einem für einen PC der AT-Klasse niedrigen Preis im heiß umkämpften Markt der IBM kompatiblen sogar wieder ganz oben mitmischen. Doch die Firmenführung verschlief in den nachfolgenden Jahren einige Entwicklungsstufen im PC Bereich, und durch das bekannt schlechte Marketing konnte diese kurzzeitige Spitzenposition nicht lange gehalten werden. Zu stark war die Konkurrenz von IBM, Compaq, Tandon, Olivetti, Zenith und anderen, die sich – im Gegensatz zu Commodore – ganz auf die PC-Herstellung konzentrierten.
1985 reagierte Commodore auf den 16 Bit-Trend und brachte mit dem Amiga 1000 den ersten Multimedia-Computer der Welt auf den Markt. Ein Hochleistungsrechner mit der 68000er CPU von Motorola, derselbe Prozessor, den auch Apple in seinem Macintosh verbaute. Doch der Amiga besaß noch drei zusätzliche Spezialchips: einen für Stereosound, einen für Grafik und einen für Animation.
Die ausgeklügelte Technologie des Amiga war übrigens keine Commodore Eigenentwicklung. Der geistige Vater des Konzepts war Jay Miner (vormals Atari), der diesen Computer seit 1982 entwickelte. Eigentlich von Miner als Spielkonsole geplant, wurde der Amiga während seiner Entwicklungszeit nach und nach zu einem vollwertigen und modernen Computersystem. 1984 übernahm Commodore Miners Firma “Amiga Corporation” zu 100%.
Der Amiga und sein Betriebssystem bildeten auch eines der ersten Systeme, die “Multi-Tasking” beherrschten und dadurch mehrere Prozesse gleichzeitig ausführen konnten. Alles in allem eines der hochentwickeltsten Systeme seiner Zeit. Doch ein kommerzieller Erfolg in den Büros war dem Amiga nicht beschieden. Zum einen wurde er gerade wegen seiner immensen Multimedia-Fähigkeiten als Spielcomputer abgestempelt. Zum anderen zielte die Werbekampagne von Commodore – wieder einmal – auf das falsche Marktsegment ab.
1986 wird der 1.000.000ste C64 in Deutschland produziert. Aus diesem Anlass mietete Commodore Deutschland am 5. Dezember 1986 Räumlichkeiten des BWM Museums in München an und feierte dieses Jubiläum mit erfolgreichen Händlern, Vertretern von Fachzeitschriften und anderen geladenen Gästen. Als Geschenk überreichte “Weihnachtsmann” Manfred Schmidt in Begleitung von “Engel” Siggi Pesch (beide damals Redakteure des RUN-Computermagazins) den Gästen einen goldenfarben lackierten, handnummerierten und voll funktionsfähigen C64, der – auf einer repräsentativen Acrylplatte befestigt – auch als Wandschmuck geeignet war. Eines dieser seltenen Exemplare (200 Stück wurden mindestens hergestellt) mit der Seriennummer 1000081 ist in der Sammlung des VCL vorhanden.
1987 erscheinen die Amiga 1000 Nachfolger Amiga 500 und Amiga 2000. Mit dem Amiga 2000 besinnt sich Commodore wieder zurück auf das Bauprinzip des Amiga 1000, also Gehäuse mit abgesetzter Tastatur. Für das erheblich größer dimensionierte Desktop-Gehäuse gab es viele Erweiterungsboards, u.a. welche, mit denen der 2000 auf einen PC XT, später auf einen PC AT und sogar auf einen 386er erweitert werden konnte. Der Amiga 2500, kommt 1988 als Nachfolger des 2000, bringt aber bis auf eine schnellere CPU (68020) keine wesentlichen Neuerungen.
1989 sollte dann endgültig ein Nachfolger des erfolgreichen C64 definiert werden. Leistungsmäßig sollte er zwischen dem C64 und dem Amiga liegen. Der C65 (so sollte er später bezeichnet werden) mit 3,5″ Diskettenlaufwerk (kompatibel zur VC 1581), einer Bildschirmauflösung bis max. 1280×400 Pixel sowie 80 Zeichen Modus sollte er zwei Computer in einem vereinen: den C64 und einen mit der Leistungsfähigkeit eines Atari ST oder des hauseigenen Amiga. Die CPU musste von Commodore selbst entwickelt werden, da auf dem Markt keine zu finden war, die auch die Kompatibilität zum C64 gewährleisten konnte. Doch der für Anfang 1990 festgesetzte Einführungstermin musste mehrmals verschoben werden. Dann wurden endlich die ersten Prototypen gebaut, doch niemals fertiggestellt oder gar ausgeliefert. Das Projekt wurde eingestellt, denn man befürchtete bei Commodore, sich selbst eine Konkurrenz zum Amiga 500 und dessen Nachfolgemodelle zu schaffen. Nach Commodore’s Pleite wurden diese Prototypen abverkauft, sie sind heute ein begehrtes Sammlerobjekt.
Im Jahre 1990 erscheint dann ein echter Paukenschlag in Form des Amiga 3000, ein neues, leistungsstarkes Amiga-Modell mit Motorola’s 68030 Prozessor in einem eleganten Gehäuse und vielen anderen Innovationen.
1991 bringt Commodore mit dem CDTV eine neue Spielkonsole. Im Design eines Videorecorders, mit CD ROM Laufwerk, Fernbedienung und aufrüstbar bis zum kompletten Amiga 500 sollte dieses Gerät mit den Spielkonsolen von Herstellern wie Nintendo und Atari konkurrieren. Aber der CDTV ist zu teuer, ein weiterer Marketingfehler, wie schon viele zuvor.
Im Jahre 1992 erscheint dann mit dem Modell A4000 nochmals eine echte Amiga Weiterentwicklung. Ein komplett neuer Grafikchipsatz sowie die Kompatibilität zum IDE-Festplattenstandard aus der PC-Welt ermöglichen diesem Modell trotz hohen Preises wieder eine Spitzenposition unter den Multimedia-Maschinen dieser Zeit. Als Nachfolger des Amiga 500 Plus kommt der Amiga 600, ein kleines kompaktes Gerät, aufgrund der Abmessungen ohne Nummernblock auf der Tastatur und ohne große Ausbaumöglichkeiten, dafür aber mit integrierter IDE-Schnittstelle. Ein weiterer Amiga wird mit dem A1200 auf den Low-Cost-Markt geworfen. Dieses Modell steckt in einem größeren Gehäuse kann sich wieder gut behaupten und basiert – wie der Amiga 4000 – auf dem neuentwickelten 32-Bit AGA-Chipsatz (AGA, Advanced Graphics Architecture).
1993 versucht Commodore, inzwischen finanziell stark angeschlagen, mit der auf auf der Technik des A1200 basierenden Spielkonsole CD32 nochmals in den Game-Bereich einzudringen. Die verkauft sich sogar nochmals ganz passabel, aber es ist zu spät. Der Marktanteil von Commodore ist auf 1,7% geschrumpft. Nicht mehr im Stande, seinen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen, muss Commodore Mitte 1994 seine Türen schließen.
1995 übernimmt die deutsche ESCOM AG (Bentsheim) alle Patente von Commodore, einschließlich Amiga. ESCOM geht schließlich auch bankrott, die Amiga Technologies GmbH wird gegründet. Die Tower-Version des Amiga 4000 wird technologisch und softwaremäßig durch den Kern der ehemaligen Entwicklungsingineure von Commodore nochmals stark verbessert. Auch für ältere Modelle werden weiterhin Motherboards produziert. Der Chef von Amiga Technologies, Tyschtschenko, verspricht weiterhin Support für den Amiga und versucht, die Softwareentwicklung wieder anzukurbeln. Gerüchte über einen neuen Amiga kursieren durch die Fachblätter.