Quelle(n): www.iee.et.tu-dresden.de/~kc-club/, www.robotron-net.de
Die Entwicklung von Computern ist zwangsläufig eng mit der Entwicklung von mikroelektronischen Schaltkreisen verbunden. Und genau diese Bauteile waren aufgrund des Embargos der westlichen Industrieländer in der DDR nicht verfügbar. In den Jahren zwischen 1979 und 1990 war man daher auf eigene Entwicklungen angewiesen. Die Computerfreaks in der DDR besorgten sich Bauteile zu horrenden Preisen entweder im Westen oder in Bastelläden, Bauanleitungen wurden in einschlägigen Computerzeitschriften veröffentlicht. Trotz dieser widrigen Umstände entstanden vor allem in den 80iger Jahre abenteuerliche Nachbauten von westlichen Homecomputern.
1979 entwickelte man die U880 CPU (Zilog Z80 Clone), einen “volkseigenen” Mikroprozessor. Dieser sollte Basis für eine ganze Reihe von Mikrocomputern werden. Auf der Leipziger Messe 1984 stellte der VEB Mikroelektronik Karl Marx Erfurt den Schachcomputer “Chess Master” vor, der neben vielen Funktionen einen hohen Bedienkomfort bot (z. B. automatische Figurenerkennung über Identifikationsfelder). Die VEB Mikroelektronik Wilhelm Pieck Mühlhausen zeigte den Heimcomputer HC 900 – die Bezeichnung würde später in KC 85/2 geändert. Die KC 85 Reihe war ein modulares System, das sich über Steckmodule und Erweiterungsaufsätze stark ausbauen liess. Ein weiterer Heimcomputer wurde vom VEB Kombinat ROBOTRON unter dem Namen Z 9001 (später KC 85/1) vorgestellt, ebenso der Lerncomputer LC 80.
Die SED nutzte jede Gelegenheit, dem Westen die Leistungsfähigkeit der eigenen Computerindustrie zu demonstrieren. Daß es dabei nicht immer mit rechten Dingen zuging, war allseits bekannt. So war es besonders amüsant, hinter vorgehaltener Hand zu erfahren, daß Erich Honnecker bei seinem berühmten Blick durch’s Mikroskop einen Wafer mit defekten 1-Megabit-Schaltkreisen betrachtete – die reale Entwicklung hinkte hinter der von der SED gewünschten hinterher. Und das obwohl bereits 1984 zum VEB Kombinat Mikroelektronik 23 Betriebe und Einrichtungen mit etwa 60.000 Beschäftigten gehörten. Um die Entwicklung zu beschleunigen, gestattete das Außenhandelministerium der DDR großzügig Einfuhren westlicher Computer und Zeitschriften.
Ein Jahr später wagte man sich auch an 16-Bit-Prozessoren: der UB 8001 C und UB 8002 D (Z8000-Clones) wurden ebenfalls auf der Leipziger Messe gezeigt. Diese Prozessorfamilie war für den Einsatz in Systemen der Steuer- und Regeltechnik, in Mikroprozessorsystemen und Parallelrechnern konzipiert. Für Steuerungs- und Zeitgeberaufgaben in der Nachrichtentechnik, Automatisierungstechnik, Unterhaltungselektronik, Spielzeuge, Haushaltsgeräte usw. waren die Einchip-Mikrorechner UB 8840/41 M und UB 8860/61 D vorgesehen, die ebenfalls in diesem Jahr vorgestellt wurden.
Herausragendes Exponat war 1985 aber der A 7100 von ROBOTRON, ein 16-Bit-Arbeitsplatzrechner, der vor allem zur Rationalisierung und Automatisierung ingenieurtechnischer Arbeiten eingesetzt wurde. Aber auch der PC 1715, ein CP/M-kompatibler 8-Bit-Computer, wurde der Öffentlichkeit präsentiert. Er sollte zum Standard-System für Konstruktion und Wissenschaft (CAD/CAM) werden.
1987 konnte der Schachcomputer “CMC Diamond” (Weiterentwicklung des “Chess Master”) vorgestellt werden, der über einen Steckplatz für eine Programmkassette zur Repertoireerweiterung verfügte. Als Weiterentwicklung des KC 85/2 wurde der Kleincomputer KC 85/3 mit integriertem ROM-BASIC-Interpreter präsentiert. Interessant sind vor allem die vorgesehenen Einsatzbereiche: Rechner und Entscheidungshilfe für Konstruktionsabteilungen, Rationalisierung der Büroarbeit durch Anwendung eines Schreibsystems oder einer Datenbank, zur Steuerung von Prozessen im Laborbetrieb, als Arbeitshilfsmittel im Hoch- und Fachschulbetrieb und in der Forschung, in der Volksbildung als Hilfsmittel zur optimalen Stoffvermittlung und im Computersport der GST und in Arbeitsgemeinschaften.
Mit dem Personalcomputer EC 1834 zeigte der VEB ROBOTRON Büromaschinenwerk Ernst Thälmann Sömmerda 1988 einen Rechner der sogenannten 2. Generation. Dieses Gerät entsprach dem ESER-Standard und war dank des 16-Bit-Prozessors K 1810 WM 86 kompatibel zum PC/XT. Als Betriebssystem kam das MS-DOS-Derivat DCP zum Einsatz. Für die folgenden Aufgaben war der EC 1834 vorgesehen: Bürorationalisierung, Leitungsinformationssysteme, wissenschaftlich-technische Aufgaben, CAD-Aufgaben mittleren Leistungsumfangs, Textverarbeitung, Arbeitsstation in lokalen Netzen und Terminal in Mehrplatzsystemen.
1989 – also kurz vor der Wende – folgten noch der KC85/4 (mit 64KB, leicht erhöhter Taktfrequenz und anderen kleinen Verbesserungen) sowie der KC compact (Nachentwicklung des Amstrad CPC 464). Ab 1990 wurde die Produktion komplett eingestellt.