Vorwort:
- Windows ist nicht bereits als das auf die Welt gekommen, was es heute ist. Dieses weltweite “Fast-Monopol” auf dem kommerziellen OS-Markt ist erst im Laufe der Zeit und durch überaus geschicktes Marketing entstanden. Computerbenutzer, die z.B. 1980 geboren wurden, dürften Windows überhaupt erst mit Windows 95 kennengelernt haben.
- Die ersten Jahre seiner Existenz hat Windows nicht als Betriebssystem, sondern als grafische Benutzeroberfläche (GUI) auf der Grundlage von MS-DOS verbracht. Erst 8 Jahre nach der ersten Version, also im Jahre 1993, erblickte ein neues Familienmitglied mit der Bezeichnung Windows NT das Licht der Welt. Noch weitgehend kompatibel mit dem Betriebssystem OS/2 1.3 – einer gemeinsamen Entwicklung von Microsoft und IBM – basiert es grundlegend auf 32-Bit und auf einer durchgängigen grafischen Benutzerführung. Die Installation von NT ist auch ohne ein bereits vorhandenes DOS möglich. Aus diesen Gründen kann erst NT als erstes (Windows-) Betriebssystem bezeichnet werden. Windows NT (oder OS/2, wie man’s lieber sieht) ist der wahre Urvater des heutigen Windows 10, nicht Windows 1.x bis 3.x, 95, 98 oder ME (s.a. Grafik ganz unten).
- Natürlich ist uns klar, das noch so mancher Anwender noch Windows-Versionen vor 10 auf seinem Rechner benutzt und von daher diese Software noch nicht direkt historisch ist. An dieser Stelle sollen jedoch alle bereits ausgelaufenen Windows-Versionen aufgelistet werden, und bald werden auch Windows Vista bzw. Windows 7 hier auftauchen. Es werden auch alle Pakete dargestellt, die wir im Original besitzen und speziell von Microsoft als Ergänzung für Windows entwickelt oder zusammen mit Windows verkauft wurden.
- Die Grundlage für die nachfolgenden Abbildungen sind die eingescannten Originalkartons der Software. Diese können noch in Folie eingeschweißt sein oder sich auch in abgenutzten Zustand befinden, beides wirkt sich negativ auf die Qualität der Abbildungen aus. Was es bereits ab den ersten DOS Versionen Versionen schon gab, waren die so genannten OEM Versionen (Original Equipment Manufacturer). Wie bei DOS wurden diese Versionen von Windows zusammen mit der jeweiligen Hardware des Herstellers ausgeliefert und konnten sich von den Einzelhandels-Versionen (Retail) unterscheiden. Software-seitig waren sie meist nur mit einem herstellerspezifischem Startscreen versehen, manchmal (z.B. bei Siemens, Compaq..) waren die Änderungen auch weitreichender und an die spezifische Hardware angepasst, indem z.B. Gerätetreiber vorinstalliert wurden. Für die Hardware-Hersteller bestand der größte Vorteil der OEM-Versionen darin, das sie billiger von Microsoft zu beziehen waren als die Vollversionen (Retail). Bis ca. Windows 3.0 wurden von den Hardware-Herstellern oft noch der Aufwand betrieben, die OEM Versionen mit herstellereigenen Handbüchern auszuliefern, oft mit teuren Schubern in Ringordnern. Später – mit zunehmendem Preiskampf – verbilligte man das Ganze, in dem Microsoft in Plastikfolie verschweißte Standart-Pakete schnürte, die ein universelles Handbuch enthielten, sowie die Datenräger und ein Lizenzabkommen. Fast immer enthielten die Packungen den Hinweis ‘Darf nur mit einem neuen PC vertrieben werden’ oder einen ähnlichen Satz. Diese Pakete wurden den Rechnern beigelegt. Später reduzierte man auch die beigelegten Handbücher auf eine Installationsanleitung, das Handbuch war nur noch auf der Installations-CD in elektronischer Form enthalten. Leider sind nur noch wenige dieser OEM-Versionen im Originalzustand erhalten, da die Plastikfolie empfindlich ist und die Pakete daher oftmals aufreissen.
Die Vorgeschichte
Bereits Ende 1982 nahm Microsoft das Projekt Interface Manager für den IBM PC in Angriff, mit dem Ziel, eine Grundlage für grafische Anwendungen zu schaffen. Ob letztendlich Apple mit seiner Lisa, Xerox (mit seiner frühen GUI “PARC”) oder das auf der Comdex 1982 vorgestellte VisiOn der Fa. VisiCorp (bei deren Produktpräsentation saß Bill Gates nachweislich im Zuschauerraum) für Microsoft der Grund war, die Entwicklung eines eigenen GUI einzuleiten, wird sich wohl nicht mehr klären lassen. Jedenfalls, der Interface Manager wurde im November 1983 offiziell angekündigt. Damit sollte endlich ein einheitliches Erscheinungsbild der Programme gewährleistet werden und der Anwender davon befreit werden, für jedes einzelne Programm Drucker und Bildschirmauflösung einrichten zu müssen. Ein Team von 20 Programmierern fing mit der Entwicklung an und arbeitete praktisch Tag und Nacht, das Projekt hatte oberste Priorität. Auch andere Firmen wie Quarterdeck (DESQview), Digital Research (GEM) und IBM (TopView) bastelten an ähnlichen Projekten. Apple konnte sein GUI (Lisa OS) seit Ende 1983 zusammen mit der legendären Lisa bereits ausliefern. Als im Oktober 1983 auch VisiCorp die Fertigstellung der finalen Version von VisiOn bekannt gab beeilte man sich bei MS, einen weiteren verbindlichen (oder eher strategischen?) Auslieferungstermin für das inzwischen umgetaufte Microsoft Windows zu publizieren. Etwas voreilig, wie sich bald herausstellte. Im Oktober 1984 mußte Microsoft – jetzt unter großem Imageverlust – die Freigabe endgültig auf Mitte 1985 verschieben. Doch Bill Gates hatte vorgesorgt und frühzeitig eine stattliche Anzahl von namhaften Firmen um sich gesammelt, die sein zukünftiges “Windows” unterstützten: u.a. Compaq, TI, HP, Tandy, Zenith und DEC. Anfang 1985 stellte auch Digital Research sein GEM fertig und begann mit der Auslieferung. IBM konnte die Fertigstellung von TopView, einer text-basierten Oberfläche (TUI), aber mit Multitasking-Fähigkeit Mitte 1985 vermelden. Doch wie vorher der VisiCorp gelang es auch Digital Research nicht, eine größere Zahl namhafter Software-Hersteller davon zu überzeugen, Anwendungen auf Basis ihrer GUI zu entwickeln. Nur wenige der großen Hardware-Hersteller (u.a. Commodore, Atari, Amstrad und TI) waren des Wartens auf Windows müde und liefen zu GEM über.
Windows 1.0
Nach 110 000 Programmierstunden war es Juni 1985 dann endlich da. Die Pressemitteilung lautete: “Microsoft liefert Windows”. Es wurden zuerst aber lediglich Testversionen an Computerhersteller und die Fachpresse ausgeliefert. Und weil auf der Welt nicht nur Visionäre herumlaufen, sondern auch ein paar verfluchte Praktiker, wurde in so mancher Fachzeitschrift die Gretchenfrage gestellt: für was soll Windows eigentlich gut sein?