Heuzutage hat man erkannt, was für ein bahnbrechendes Projekt die Apple Lisa eigentlich war, als sie 1983 endlich auf den Markt kam. Besonders das erste Modell mit den zwei 5.25″ Laufwerken ist heute ein begehrtes Sammler-Objekt, da sie als erster kommerziell vermarkteter Computer mit GUI (Graphical User Interface) gilt. Die Entwicklung der Lisa begann bereits 1978. Aber die Zielsetzung, was für ein Computer die zukünftige Lisa werden sollte, änderte sich vollkommen, als Steve Jobs 1979 dem Forschungszentrum Xerox-PARC einen Besuch abstattete. Besonders inspirierte ihn deren Entwicklungen im Bereich der GUI. Er war danach zu Recht der Meinung, das der mausbedienbaren, grafischen Benutzerfläche die Zukunft gehörte. Allerdings war die Hardware, die notwendig war, um ein grafisches System zu stemmen, in dieser Zeit enorm teuer. In den Folgejahren trieb Jobs die Entwicklungskosten derart in die Höhe, das sich der Apple-Aufsichtsrat gezwungen sah, ihn 1982 aus seinem eigenen Projekt auszuschließen. Nach seinem Abzug aus dem Lisa-Projekt wechselte Jobs übrigens in die Abteilung, die den Macintosh entwickelte.

Wie kam es zum Namen ‘Lisa’ ? Offiziell stand der Name für Local Integrated Software Architecture. Man geht jedoch davon aus, das Steve Jobs nach einer von ihm abgelehnten Vaterschaft mit anhängigem Rechtsstreit den Namen seiner Tochter verwendete, vielleicht auch um etwas wieder gutzumachen.

Offizielles Werbefoto der Lisa 1

Die Lisa 1 besaß einen 5-MHz-Motorola 68000-Prozessor der über einen 16-Bit Datenbus auf 1 MiB RAM (auf max. 2 MiB ausbaubar) zugreifen durfte. Als Datenspeicher waren zwei sogenannte „Twiggy“ Diskettenlaufwerke im 5,25″ Formfaktor eingebaut. Der im Gehäuse integrierte 12″ Monitor verfügte mit 720 x 364 Bildpunkten über eine beachtliche Auflösung. Insgesamt muß man sagen, das die Lisa für die damalige Zeit ein ausgespochen wartungsfreundliches System war. Sie läßt sich praktisch ohne Werkzeug vollständig zerlegen.

Optional konnte die Lisa mit einer als ProFile bezeichneten 5 MiB-Festplatte kombiniert werden. Spätere Modelle wie die Lisa 2/10 waren mit Profiles mit 10 MiB Kapazität kombiniert. Die Profile’s waren jedoch laut, unzuverlässig, langsam und – was das Schlimmste ist – durch die Art des Anschlusses inkompatibel zu marktüblichen Festplatten.

Allerdings ist die Hardware nicht der ausschlaggebende Aspekt, der die Lisa ausmacht. Der eigentliche technologische Fortschritt war die Software, die auf dieser Hardware lief. Das Betriebssystem enthält z.B. so fortschrittliche Funktionen wie “geschützten Speicher”, wodurch eine Anwendung im Fehlerfall nicht den Speicher einer anderen Anwendung beschädigen kann. Bei den nachfolgenden Macintosh-Systeme sparte man dieses Feature ein, erst Mac OS/X sollte 18 Jahre später wieder über diese wichtige Funktion verfügen. Das Dateisystem unterstützte hierarchische Verzeichnisse, wodurch die Datenorganisation erleichtert wurde – besonders natürlich wenn die Lisa mit Festplatten betrieben wurde.

Apple Prospekt der Lisa 1

Apple entwickelte für die Lisa zwei Software-Modi. Der erste mit dem Namen Lisa Office System war für den Endanwender gedacht und enthielt sieben GUI-Anwendungen: LisaWrite, LisaCalc, LisaDraw, LisaGraph, LisaProject, LisaList und LisaTerminal. Der zweite Modi, das Lisa Workshop System richtete sich an Programmierer, die Anwendungen für die Lisa entwickeln wollten. In beiden Modi arbeitete man mit Anwendungen in einem grafischen System, die mit der Maus bedienbar waren und ziemlich viel “What you see is what you get” boten. Was uns heute ganz normal erscheint, war Anfang der 80iger eine echte Sensation.

Was wir nachfolgend wieder in Betrieb nehmen möchten ist eine Lisa 2, das Nachfolgemodell der Lisa. Es kam 1984 zusammen mit dem Macintosh und einer neuen Version von Lisa Office auf den Markt. Wir konnten allerdings feststellen, daß unsere Lisa aus dem Jahr 1983 stammt, was an vielen Bauteilen (u.a. dem Monitor) erkennbar ist. Es handelt sich vermutlich um eine Umrüstung der Lisa 1, bei der die Frontblende und die Diskettenlaufwerke gegen ein 3,5″ Laufwerk mit 400K getauscht wurde. Diese Umrüstung hat Apple relativ günstig angeboten und wurde auch von vielen Lisa-Besitzern gerne angenommen.

Um die Geschichte der Lisa noch zu Ende zu bringen: mit dem Erscheinen des Macintosh 1984 zu einem Viertel des Preises einer Lisa war deren Schicksal besiegelt. 1985 erschien die Lisa noch als Mac XL, aber der Macintosh und seine Nachfolger Macintosh 512K und der Macintosh Plus verkauften sich nach einer anfänglichen Durststrecke derart gut, das die Lisa 1985 schließlich eingestellt wurde. Das erlebte Steve Jobs aber nur außerhalb Apple’s mit, den er verließ 1985 auf Druck von Konzernchef Sculley den Konzern. Er startete daraufhin ein neues Projekt, den NeXT Computer. Außerdem gründete er 1986 die Firma Pixar (Computeranimation). Erst 1996 kehrte er zu Apple zurück, mehr oder weniger, um die Firma vor dem Bankrott zu retten.

Doch jetzt weiter mit unserem Projekt. Der erste Test unserer Lisa 2/5 verlief erbärmlich. Wobei: immerhin läuft sie an und zeigt ein Bild. Aber der Rechner bootet weder von Festplatte noch vom Diskettenlaufwerk. Letzeres gab jaulende Geräusche von sich, so daß das schlimmste befürchtet werden mußte. Nach dem Ausbau des Laufwerks war aber der Fehler schnell gefunden. Das 3,5″ Laufwerk von Sony ist ja ein einseitiges Laufwerk mit entsprechend nur einem Schreib-/Lesekopf. Oben drückt nur ein Filz auf die Diskettenscheibe. Und dieser Filz fehlte! Wir konnten ihn nach dem Zerlegen des gesamten Laufwerks eingeklemmt in die Mechanik aufspüren, leider abgebrochen und nicht mehr zu verwenden. Als Ersatzteil eignete sich der Andruckfilz einer ausgeschlachteten VC 1541.

Ein paar Recherchen im Netz brachten weitere Schwierigkeiten mit diesem Laufwerks-Modell (Sony OA-D34V) an den Tag. Das verhärtete Fett zum Schmieren der Laufwerksmechanik muß entfernt werden. WD40 macht dabei ein guten Job. Die Schwergängigkeit der Mechanik war dann auch der Grund für die jaulenden Geräusche. Die Reinigung des Schreib-/Lesekopfes gehört zum Standardprogramm. Zudem laufen die Kondensatoren auf der Motorsteuerplatine gerne aus. Um da ran zu kommen, muß das Laufwerk zerlegt werden. Wir wollen alle Kondensatoren ersetzen, damit das Laufwerk wieder ein paar Jahre seinen Dienst tun kann

Diese 400K Laufwerke sind mittlerweile selten und teuer geworden. Sie wurden nur in der Lisa 2, im Macintosh 128K und 512K verbaut, benutzen variable Drehzahlen und ein spezielles Format mit der Bezeichnung MFS. Der Macintosh Plus besitzt bereits ein doppelseitiges 800K Laufwerk mit dem verbesserten Aufzeichnungformat HFS, das aber die einseitigen 400K Disketten noch lesen und schreiben kann. Gleiches gilt für einige Mac II Modelle. Diese Info ist wichtig, denn wir besitzen zwar mehrfach vollständige Manuals zu verschiedenen Lisa OS – Versionen, aber keinen kompletten Diskettensatz. Die Lisa kann von Diskette booten, aber wir wollen damit eine externe ProFile Festplatte (5MiB) einrichten. Erfreulicherweise kann man sich LisaOffice im Internet auf verschiedenen Seiten herunterladen (z.B. Macintosh Repository). Jetzt stellt sich die Frage, wie man die Images auf durch die Lisa (oder auch für Mac 128K/512K) lesbare Disketten zurückschreibt ? Dazu braucht man einen Macintosh, der ein Laufwerk besitzt, das 400K Images schreiben kann, wie z.B. dem vorgenannten Macintosh Plus. Gut, aber wie bringt man diese Imagefiles auf einen solchen Rechner? Der Weg ist umständlich und man braucht einiges an Equipment. Wir machen es über Datentransfer auf Basis von Iomega Zip Disketten:

  • Verfahren 1: Download der LisaOS-Diskettenimages auf einem Macintosh PowerPC G3 Desktop mit MacOS 8.5. Das ist übrigens eines der letzten Modelle die Diskettenlaufwerke eingebaut haben, die das 800K HFS Format schreiben können. Leider aber nicht das einseitige 400K Format (MFS), das die Lisa benötigt. Aber man kann damit immerhin Diskettenimages erzeugen, die der Macintosh Plus (oder neuer) verarbeitet. Der unter OS 8.5 verwendbare Internet Explorer 5.1 kann noch auf Webseiten zugreifen die entsprechende Software-Images anbieten (Macintoshrepository, Macintoshgarden etc.). Bei diesem Verfahren kann die für den Datenaustausch zwischen PowerPC und Mac Plus verwendete Zip-Diskette bereits im HFS-Format vorliegen, welches auch der Macintosh Plus im nächsten Schritt lesen kann.
  • Verfahren 2: Download der LisaOS-Diskettenimages auf einem modernen Rechner mit Internetzugang (Windows, Linux, Mac). Anschließen eines 100 MiB Iomega USB-Zip Laufwerk an den Rechner und formatieren einer Zip-Diskette im FAT16- Format und Kopieren der Images auf das Zip. Anschließen eines SCSI-Zip-Laufwerks an einen passenden Mac mit max. OS 8.5 und übertragen der Images von der Zip-Disk auf den Mac. Danach wechseln auf eine Zip-Diskette im HFS-Format und Kopieren der Images vom Mac auf diese Diskette.

ab hier gehts identisch weiter:

  • Einen Macintosh Plus präparieren mit einer externen SCSI-Festplatte und System 6.x, empfohlen jedoch mit System 7.1. Für letzteres muß der Mac Plus auf 4MiB RAM erweitert werden.
  • Auf dem Macintosh Plus den Zip-Treiber installieren und das SCSI-Zip Laufwerk in Betrieb nehmen
  • Übertragen der Images von der HFS Zip Diskette auf die Festplatte des Mac Plus
  • Schreiben der Images mit DiskCopy 4.2 oder DART auf 400K formatierte Disketten

Übrigens kann DART 1.5.2 auch Images von Lisa-Disketten ziehen. DiskCopy 4.2 verweigert das spezielle Lisa-Format, kann also keine Images von Lisa-Disketten erstellen.

Ist schon schon toll, wie ein einfacher Mac Plus über die integrierte SCSI-Schnittstelle aufgepäppelt werden kann. Und der funktioniert tatsächlich mit all den Laufwerken, wie man oben sieht. Wie oben erwähnt, wenn man ihm 4 statt der standardmäßigen 1 MiB RAM reinsteckt, dann läuft sogar System 7.1 problemlos. Das ist das letzte Mac OS mit vollständiger Unterstützung des 400KiB Formats. Na gut, ein bisschen was gibt es zu bemängeln, denn der Bildschirm ist ein bißchen arg klein und der schnellste ist er auch nicht. Aber zum Erstellen von 400KiB Disketten reicht es allemal. Speicherplatz für Images gibts auch genug, jede Syquest-Cartridge hat ja mit 88 MiB massig Platz. Zurück zur Lisa…

Im Zuge der Installation der Lisa stellte sich ziemlich schnell heraus, das die Tastatur der Lisa überhaupt nicht mehr funktionierte. Genau so schnell war auch die Diagnose des Problems: der Hersteller der Tastatur ist die Firma Key Tronic. Tandy, Sirius/Victor, Compaq  und viele andere Computerhersteller haben sich von diesem Hersteller beliefern lassen. Diese Tastaturen haben alle das gleiche Problem. Sie arbeiten kapazitiv mit einem Metallplättchen, das auf einem Schaumstoffpolster sitzt, das widerum mit einer Taste verbunden ist. Dieser Schaumstoff zerfällt, das Metallplättchen erreicht bei Drücken der Taste die Kontaktfläche nicht mehr. Neue und selbstklebende “Foam-Pads” gibt es von verschiedenen Herstellern. Allerdings ist das Auswechseln der Pads eine ziemliche Arbeit, bei der man auch noch Aufpassen muß.

Was ist zu beachten:

  • Die Plastikplättchen nicht verlieren. Die müssen auf die neuen Pad’s wieder drauf. Es geht zwar auch ohne, aber wenn noch ein Wechsel notwenig wird, muß man die Schaumstoffreste nicht von dem Plättchen, sondern von der Taste runterputzen
  • Klebereste von Plastikplättchen entfernen (z.B. mit Isopropyl)
  • darauf achten, das die Platikplättchen sauber auf der Taste einrasten

Die Metallplättchen, die auf die Pad’s geklebt werden, stanzen wir mit einem 11er Locheisen aus einer einfachen Rettungsdecke. Die ausgestanzten Metallplättchen mit der nicht-leitenden Fläche (bei der Rettungsdecke die goldfarbene Seite) nach oben exakt auf das Pad kleben. Schlampigkeit hat zur Folge, das die Taste später nach dem Drücken auf der Platine kleben bleibt.

Nachdem die Tastatur wieder in Ordnung ist, soll Office 3.1 auf die Profile installiert werden. Zum Herunterladen gibt es nur englischsprachige Versionen. Wir haben aber eine deutsche Tastaur mit Umlauten. Diese werden zwar ausgegeben, trotzdem unser Appell an die Community: wer eine deutsche Ausgabe von Lisa Office 2.x oder 3.x hat, bitte uns anbieten, auch wenn es nur Diskettenimages sind. Die Handbücher sind ja vollständig vorhanden.

Die Installation des Systems an sich verläuft völlig problemlos. Bei der Installation der einzelnen Applikationen muß man wissen, das nach dem Einlegen und Öffnen einer Diskette nicht einfach per Drag&Drop kopiert werden kann. Das Lisa System will das anders:

  • mit der Maus Auswählen der Diskettensymbole, die kopiert werden sollen
  • aus dem Menü “Duplicate” auswählen
  • die neu erzeugten schwarz hinterlegten Symbole in ein Verzeichnis der Profile ziehen.

Ganz einfach wenn man es weiß.

Um mit z.B. mit LisaWrite zu arbeiten, ist ein ähnlicher Vorgang wie beim Kopieren notwendig. Es gibt keinen Menüpunkt in LisaWrite, um ein neues Dokument zu erzeugen. Stattdessen startet man nicht das eigentliche Programm, sondern man dupliziert ein vorhandes Dokument. Durch Doppelklicken auf dieses neue Dokument startet das Betriebssystem das mit dem Dokumententyp zugeordnete Programm (bei einem Textdokument LisaWrite) und man kann arbeiten. Das gilt auch für alle anderen Programme von Lisa Office.

Unser Fazit: die Lisa ist ein faszinierendes System. Vieles in Lisa OS ist so liebevoll intuitiv aufgebaut, das es einem oftmals ein Lächeln abringt. Man spürt, wie die Entwickler versucht haben, eine für Menschen möglichst einfache und logische Schnittstelle mit dem Computer zu realisieren. Und man versteht auch, warum so viel Zeit in die Entwicklung der Hard- und Software der Lisa geflossen ist. Schließlich betrat man damals bei Apple völliges Neuland, auch wenn ein guter Teil der Grundlagenforschung bei Xerox-PARC bereits erfolgt war.

Update Juli 2023

Um den umständlichen Datenaustausch mit dem Iomega Zip-Laufwerk loszuwerden wurden mehrere USB PCI Karten mit verschiedenen Chipsätzen ausprobiert, keine konnte im Power Mac G3 zum Funktionieren überredet werden. Auch ein Update auf Mac OS 8.6 konnte das Problem nicht lösen. Aber einen FTP-Zugriff des Mac auf unsere NAS konnten wir einrichten. Der Datenaustausch – vor allem bei umfangreicher Software wie Office Paketen – zwischen einem aktuellen Computer und dem Transferrechner Macintosh G3 ist so einfacher, das Iomega Zip kann in den Ruhestand. Außerdem wurde der G3 mit einer 32GiB SSD aufgerüstet.