Inspiriert haben mich natürlich die vielen youtube-Video’s, bei denen ein C64-Replika Board von Bob’s Bits (vertrieben von Tindie) bestückt wird. Drei Boardtypen des C64 sind lieferbar: 250407, 250469 und 250466. Entschieden habe ich mich für das Letztere, was leider die falsche Entscheidung war. Die Erklärung dafür findet ihr am Ende des Artikels.

Natürlich ist die Herausforderung an die Löt-Skills nicht so groß wie die Bestückung eines Amiga 3000/4000 Boards. Aber Fehler darf man natürlich auch hier keinen machen. Die Bezeichnungen von Halbleitern (Transistoren, Dioden), die Werte von Kondensatoren und Widerständen müssen bestimmt und die entsprechenden Positionen auf dem Mainboard gefunden werden. Irgendwie wie ein Puzzle, das für Amateure wie mich durchaus eine Herausforderung darstellt. Bei der Bauteil-Lokalisierung ist C64 Part-Locator eine große Hilfe. Auf dieser Webseite können die verschiedenen Bauteile ausgewählt und deren Position am Mainboard angezeigt werden. Sehr empfehlenswert!

Es gibt die Board’s in verschiedenen Farben, alle kosten um die 30€. Das Blaue ist das 250466.

Ok, wo bekommt man jetzt die ganzen Bauteile her? Man kann sie sich über Teilelisten des Boards mit der jeweiligen Assy-Nummer zusammensuchen und dann bei einem Elektronikhandel bestellen. Das ist zweifellos mühsam und zeitraubend. Wer sich es einfach machen will, kann die “gesammelten Werke” aber bei Retro8Bit bestellen. Das lassen die sich bezahlen, das ist klar. Die Kosten sind doppelt so hoch wie die Summe der einzelnen Bauteile. Aber die müssen das ganze Zeug auch zusammensortieren und man bekommt alles sauber verpackt in einzelnen Tütchen. Ich jedenfalls hab da bestellt, alles bis auf die Sockel, da habe ich selbst genügend auf Vorrat. Mit dabei sind auch die TTL-Bausteine und die RAM’s. Den Rest (2 x 6526, die drei ROM’s, CPU, VIC II, PLA, SID) hat man wie ich entweder im eigenen Ersatzteillager oder man besorgt sie sich beim spezialisierten Handel. Die haben oft noch NOS-Ware (New Old Stock, also unbenutzt aber alt) auf Lager. Für PLA (PLAnkton und viele andere) und SID (z.B. TwinSID) gibt es schon lange modernen Ersatz. Ich will hier keine Werbung für irgendeinen Händler machen, daher keine Links an dieser Stelle. Was ich nicht versäumen möchte zu erwähnen: einen (womöglich funktionsfähigen) C64 dafür zu schlachten ist meines Erachtens blanker Frevel!

Das nötige Equipment

  • Bei einem Board wie dem des C64 gibt es – zumindest für das reine Einlöten von Bauteilen – keine besonderen Anforderungen an die Lötstation. 50W reichen vollkommen.
  • Ich verwende bleihaltiges Lötzinn (Stärke 0.5mm – 1.0mm), da es einen niedrigeren Schmelzpunkt hat als bleifreies Lötzinn. Das Flußmittel sollte im Lötzinn enthalten sein. Dazu gehört dann auch eine Sprühdose Isopropanol, mit dem die Flußmittelreste entfernt werden.
  • Natürlich braucht man einen kleinen Seitenschneider zum Abzwicken der überstehenden Anschlußdrähte.
  • Eine Entlötlitze ist empfehlenswert, falls man mal zuviel Lötzinn aufgetragen oder eine Lötbrücke fabriziert hat.
  • Ein ebenfalls hilfreiches Utensil wäre eine Brillenlupe mit 2-3 facher Vergrößerung. Muß nicht sein, ich brauche sie schon.
  • Eine anti-statische und hitzebeständige Lötunterlage kostet ebenfalls nicht viel (ca. 10€). Womit wir beim Bereich ESD wären. Der menschliche Körper kann sich statisch aufladen. Wenn sich diese Aufladung über ein elektronisches Bauteil entlädt, kann dieses zerstört werden. Eine geerdete Lötunterlage ist also zu empfehlen.
  • Eine Biegeleere ist hilfreich bei axialen Bauteilen wie Widerständen und Dioden.
  • BluTack ist ein wiederverwendbarer Kleber, ähnlich Plastilin. Mit dem kann man Bauteile vor dem Einlöten fixieren. Ist praktisch, aber natürlich kann das jeder machen wie er will.
  • Ebenfalls zu empfehlen ist ein Multimeter, falls mal eine Bauteilbeschriftung nicht lesbar ist. Es sollte über die Funktionen Durchgangs-, Widerstands- und Kapazitätsmessung verfügen. So kann über den Meßwert z.B. ein Kerko oder ein Widerstand identitifiziert werden.

Eine gute Beleuchtung des Arbeitsplatzes versteht sich von selbst.

Hier meine Utensilien. Ohne Multimeter und Lötstation, aber wie so was aussieht ist ja bekannt:

Die Lötarbeit

Vorab ein Hinweis: ich persönlich denke nicht, das dieses Projekt für totale Lötanfänger geeignet ist. Von daher macht es keinen Sinn, hier einen Kurs abzuhalten. Trotzdem an dieser Stelle ein paar Tipps von einem Amateur für andere Amateure. Erstens stelle ich die Temparatur meines Lökolbens auf maximal 320 Grad ein. Allerdings kann mein Weller auch gut Temperatur nachliefern, was bei Baumarkt-Lötkolben oft nicht der Fall ist. Bei solchen Lötstationen sind daher oftmals 10 oder 20 Grad mehr notwendig. Zweitens: besonders beim Einlöten der Sockel lasse ich mir Zeit und bleibe mit geringerer Temperatur lieber ein bißchen länger auf jeder Lötstelle. Im Ergebnis sollte die Lötöse vollständig mit Lötzinn gefüllt sein. Das kontrolliere ich, indem ich die Lötstelle auch auf der Bestückungsseite begutachte. Es ist mir eben schon passiert, das eine Lötstelle so schlecht war, das sie praktisch gar nicht gelötet war. Ich hab das einfach übersehen, weil ich es eilig hatte. Drittens: nur mit Gleichmäßigkeit erhält man ein einheitliches Lötbild.

 

Quelle: http://saba-forum.dl2jas.com

OK, es geht weiter. Wenn man also alle Bauteile zusammen hat und der C64 Part Locator geöffnet ist (oder ein sonstiger Teileplan für das Mainboard vorliegt) kann die Lötstation aufgeheizt werden.

Ich habe mich dafür entschieden, zuerst die von der Bauhöhe her niedrigen Bauteile aufzulöten. Dadurch kann das Board problemloser auf die Bestückungsseite gedreht werden. Angefangen habe ich mit den Widerständen und den Kerko’s.

Bitte beachten, das Bauteile nicht immer genauso aussehen müssen wie auf den nachfolgenden Abbildungen!

Große Fehler sollten bis da hin eigentlich nicht passieren. Weder Widerstände noch Kerko’s (Keramik Kondensatoren) kann man verpolt einbauen. Es ist egal, wie herum diese Teile einlötet werden. Ausnahmen sind die vier länglichen Widerstandsnetzwerke (RP1-RP4), aber hier sind entsprechende Markierungen auf den Bauteilen (ein Punkt oder ein Quadrat) und dem Board (ein Quadrat) vorhanden. Ach ja, und es gibt einen Tantal Kondensator auf C15, bitte den nicht mit den Kerkos verwechseln. Im Unterschied dazu muß bei Tantals auf die Plus-Polung geachtet werden (auf einer Seite mit einem + markiert). Diese + Markierung ist auch auf dem SixtyClone-Board vorhanden.

Die mitgelieferten Spannungswandler für 5V (VR2) und 12V (VR1) sind in der Ausführung 7805CT bzw. 7812CT zwar bereits verbesserte Versionen im Vergleich zu den Originalen. Trotzdem ersetze ich diese mit noch effizienteren Schaltreglern von der Firma Traco Power. Diese benötigen keinerlei Kühlkörper.

Ich mache weiter mit den Dioden. Diese gibt es mehreren Ausführungen, die sich optisch stark unterscheiden. Dioden lassen Spannung nur in einer Richtung fließen (von der Anode zur Kathode), daher ist die Einbaurichtung für die Funktion ganz entscheidend. Die Seite der Kathode erkennt man an einem silbernen oder schwarzen Ring. Die Lötöse für die Kathode ist auf dem SixtyClone-Board mit einem weißen Ring markiert. Nach den Dioden baue ich den NPN-Power Transistor auf Q1 und die beiden Signal-Transistoren auf Q2 und Q3 ein. Ein weiteres wichtiges Bauteil der Spannungsversorgung ist der Gleichrichter auf CR4. Auch hier sind die Anschlüsse für + und – auf dem Board und dem Bauteil gekennzeichnet. Jetzt kommt noch der für Spannungsentstörung zuständige Line Filter (L4) rein.

Wie beim Original-Board sind auch Elektrolyt-Konensatoren verbaut. Diese spare ich mir zum Schluß auf, ich mache jetzt zuerst die Sockel für die IC’s rein. Ob man die billigeren Federsockel  oder vergoldete Präzisionssockel verwendet muß jeder selbst entscheiden. Federsockel korrodieren mit der Zeit und leiern irgendwann aus, haben aber den Vorteil, das ausgelötete IC’s leichter einsetzbar sind. Da ich fast alle Chips neu habe, nehme ich Präzisionssockel

Spätestens jetzt kommt das BluTack zum Einsatz. Ich fixiere den Sockel nach dem Einsetzen mit einem Stück der Masse. Damit kann ich das Board zum Löten umdrehen, ohne das der Sockel rausfällt oder die Lage verändert. Man sollte darauf achten, die Masse nicht in eine Lötöse zu drücken, die bringt man da schwer wieder raus. Nach dem einige Pins verlötet sind, kann man die Masse wieder entfernen.

Wenn alle Sockel verlötet sind, wirklich nochmal alle Lötstellen optisch kontrollieren, von beiden Seiten! Nachlöten mit eingesetzten IC’s verursacht unnötigen Stress für die Bauteile.

Danach kommen die radialen und axialen Elektrolyt-Kondensatoren rein. Achtung, auch hier ist wieder die Polung zu beachten. Jetzt kommen die Joystick-Buchsen, der Expansion-Port, die Ein-/Ausschalter sowie die Buchsen für den serielle Port und den Monitor dran. Da ich nicht vorhabe, den C64 jemals an ein TV-Gerät anzuschließen, brauche ich den RF-Modulator nicht mehr. Dafür gibt es verschiedenen Ersatz, ich habe mich für das Bauteil von copperdragon entschieden. Auch hierzu noch ein Hinweis: die Platine braucht einen Masseanschluß. Rechts oben (GND1) befindet sich eine Lötöse, an der ein Kabel angelötet werden kann, das man irgendwo auf dem Mainboard mit Masse verbindet. Die Fläche, wo der RF-Modulator war, bietet ja jede Menge Möglichkeiten.

Jetzt kann das SixtyClone-Board bestückt werden. Wie oben erwähnt habe ich sämliche TTL’s sowie die RAM’s bei retro8bit mitbestellt. Der Rest stammt aus meinem Ersatzteillager und sollte eigentlich funktionsfähig sein. Eine neue PLAnkton-PLA und einen neuen TwinSID habe ich rechtzeitig bestellt, beide sind bereits angekommen.

Die Inbetriebnahme

Und dann ist es soweit, der neu geborene C64 ist bereit für den ersten Test. Vorsichtshalber nehme ich den TwinSID raus. Wenn ich was falsch gemacht habe, muß der ja nicht mitsterben. Wie sagen die Ami’s auf ihren youtube-Videos bei solchen Gelegenheiten: “fingers crossed”.

Einschaltbild ist da! Aber nach ein paar Sekunden verschwindet der Cursor und es erscheinen wirre Zeichen am Bildschirm. Na gut, geht nach so einer Lötorgie auch schlimmer, der Monitor hätte auch ganz schwarz bleiben können. Fehlersuche ist jetzt angesagt! Ich prüfe, ob einer der Chips heiß wird. Auch drücke ich die Chips nach, vielleicht sitzt einer nicht richtig im Sockel und hat schlechten Kontakt. U.a. drücke dabei auch auf den VIC. Ein kurzes Flackern des Bildschirms! Ich schalte den C64 aus und wieder ein, während ich auf den VIC drücke. Aaah, Einschaltmeldung da, kein wirren Zeichen und der Cursor blinkt. Ich nehme den Finger weg, Cursor verschwindet, andere wirre Zeichen erscheinen, der C64 hängt. Was ist da los? Stimmt mit dem VIC Sockel was nicht? Oder dem VIC selbst? Ich stecke den VIC in meinen Test-C64, der geht einwandfrei. Aber es bleibt dabei, nur mit Druck auf den VIC läuft die Kiste. Dann bemerke ich, das der C64 auch läuft, wenn ich nicht auf den VIC sondern einfach daneben auf die Platine drücke. Offensichtlich eine Verspannung irgendeines lebenswichtigen Chip’s! OK, raus mit dem VIC-Sockel und neuer Sockel rein, irgendwo muß ich ja anfangen. Keine Änderung. Alle IC’s raus und im Test-C64 gegentesten. Hoppla, da stimmt was mit der CPU nicht! Einen anderen 6510 aus der Ersatzteilkiste geholt und eingesetzt. Siehe da: große Freude, das SixtyClone-Board rennt.

Dann bekomme ich einen Tipp aus dem Forum-64, das der 6510 vielleicht nur Kontaktprobleme aufgrund von Korrosion hat. Tatsächlich, nach einer intensiven Reinigung dessen Pins mit einem Glasfaserpinsel läuft auch dieser 6510 einwandfrei. Danke dafür.

Weitgehend durchtesten kann man einen C64 mit dem Diagnostic Cartridge 586220 und den zugehörigen Prüf-Steckern. Das RAM, die ROMs und die Peripherie-Chips (VIC, SID, CIA) werden geprüft und mittels der Prüfstecker auch alle Schnittstellen. Aber das schaut richtig gut aus, die Prüfroutine läuft ohne Fehlermeldung ein paar mal durch. Dann war meine Löterei kein Murks und offensichtlich habe ich auch sonst keine Fehler gemacht. Schulter klopf.

Dann fällt mir auf der Seite des SixtyClone-Vertrieb’s ein spezieller Hinweis bezüglich der 250466-Boards auf. Vor der Revision 1.4 wäre ein Problem am Expansion-Board, dessen Pin 7 liegt auf Masse, aufgrund eines Design-Fehlers. Meins ist 1.3, also mal durchklingeln. Tatsächlich liegt Pin 7 auf Masse. Das Problem soll man beheben, in dem eine Leiterbahn durchtrennt wird. Um es perfekt zu machen, muß dann noch der erwähnte Pin 7 mit Pin 10 des 74LS139 auf U15 verbunden werden. Kann man ja machen, aber das hier ist ein neues Board, und man muß schon wieder rumflicken! Ärgerlich, hätte ich nur einen der anderen lieferbaren Boardtypen ausgesucht!

Nach einem nochmaligen Test ist das SixtyClone Board fertig. Eine Abdeckung für den Expansionport habe ich auch noch gefunden. Außerdem habe ich den MOS 8701 (clock generator) durch einen Nachbau von soigeneris ersetzt. Den orginalen 8701 brauche ich für einen originalen C64. Jetzt müßte ich nur noch ein schönes Gehäuse dafür finden, vorzugsweise ein transparentes.

War ein schönes Projekt, wenn auch mit dem Makel einer zusätzlichen notwendigen Verbindung.

 

 

Auf den VIC sollte ich noch einen Kühlkörper kleben. Die Dinger werden einfach zu warm.

Ergänzung Juli 2021:

Nachdem Individual Computers (www.icomp.de) die Auslieferung von neuen C64-Gehäusen von Pixelwizard übernommen hat, sind diese neuerdings auch wieder verfügbar. Ich habe mir ein transparentes C64C-Gehäuse besorgt, damit das SixtyClone-Board eine adäquate Wohnung bekommt. In meinem Sammelsurium habe ich eine passende rote Power-LED gefunden. Ebenso eine funktionsfähige Tastatur, leider keine mit weißen Tasten. Egal, das tut’s vorläufig.

Der Einbau ist recht einfach. Beachten sollte man nur, daß das erstmalige Festschrauben des Boards ein bisschen mehr Kraftaufwand erfordert, da man mit den Blechschrauben ja quasi ein neues Gewinde in die Kunststoffbuchsen reinschneiden muß. Ansonsten passt alles gut, auch die Power-LED lässt sich mit etwas Druck gut einsetzen.

Vielleicht kommen ja mal erschwingliche von den Standardfarben abweichende Tastaturen oder wenigstens Tastaturkappen aus einem 3D-Drucker. Dann bauen wir das nochmal um.